Kategorie-Archiv: Kolumne

»Auf eine freie, sorglose Weise…«

Mit knapp dreißig Jahren Verspätung kommt Keith Jarretts Aufnahme von Sonaten Carl Philipp Emanuel Bachs heraus. Ein guter Zeitpunkt. Inzwischen braucht der Komponist keine historischen Koordinaten mehr, um verstanden zu werden.

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Wie gelassen das beginnt. Und gelassen bleibt, im besten Sinn. Also nicht gleichgültig, nicht stagnierend, alles lebt und leuchtet. Aber die Musik wird nicht ergriffen und präsentiert, nicht analysiert und interpretiert. Gegriffen wird sie schon, es sitzt ja ein Pianist am Flügel, nur scheinen seine Hände, die wir nicht sehen können, sich sehr entspannt zu bewegen. »Er probierte ein neues Pianoforte aus, und auf eine freie, sorglose Weise warf er Gedanken und Ausführungen hin, die jeden anderen in Aufregung versetzt hätten.« Ein bisschen so, wie Carl Philipp Emanuel Bach improvisierte, als ihn im Herbst 1772 der Musikreisende Charles Burney in Hamburg besuchte, so spielt Keith Jarrett seine Musik, Sonaten, die knapp dreißig Jahre vor Burneys Besuch entstanden.

Sie heißen Württembergische Sonaten nach ihrem Widmungsträger, einem jungen Herzog und Schüler von CPE am Potsdamer Hof Friedrichs II., aber an historische Begleitumstände habe ich beim Hören selten so wenig gedacht wie bei den Aufnahmen, die Jarrett, der Jazzpianist mit klassischer Ausbildung, vor auch schon wieder knapp dreißig Jahren machte, in New Jersey mit Tonmeister Peter Laenger, für ECM. Erst jetzt hat das Label sie herausgebracht, und irgendwie ist das ein guter Zeitpunkt. CPE hat inzwischen zwei Phasen seiner Neuentdeckung hinter sich – die, in der ihn die Pioniere überhaupt erst wieder spielen mussten, und die, in der er schon ein Begriff war, aber man immer noch staunte, dass er zu Mozarts Zeit berühmter war als sein Vater.

»Die Carl Philipp Emanuel Bachsachen könnten sie mir wohl einmal schenken, sie vermodern ihnen doch.« Das schrieb 1812 Beethoven seinem Verleger. Da war CPE für den Musikbetrieb bereits Schnee von gestern, auf den bald auch noch der Schatten seines neu entdeckten Vaters fiel. In dem hat der zweitälteste Sohn sich selbst nach seiner Renaissance im späten 20. Jahrhundert noch bewegt – und im Hoheitsgebiet der historisch informierten Musiker, denen diese Renaissance zu verdanken war. JSB auf modernem Flügel, das war trotz kleiner Zänkereien nie ein Problem, aber seine Söhne sollten in der betreuten Werkstatt bleiben. Nur Experten würden ihre Musik zum Sprechen bringen können. Dass den Koryphäen der Alten Musik das gelang, ist übrigens auch eine Voraussetzung für Phase drei.

Jetzt können wir die Fenster öffnen. Aber hat nicht schon lange zuvor Glenn Gould die a-Moll-Sonate am modernen Flügel gespielt statt am Cembalo, 1968? Eine feine Sache für alle, die Laborversuche und Skalpelle mögen, mit Musik hat das sterile Gehacke für mich wenig zu tun. Um so lebendiger ist Daniil Trifonov 2021 mit Bach: The Art of Life, mit Musik von JSB und seinen vier Komponistensöhnen.

Dass Keith Jarrett schon vor drei Jahrzehnten mit den Württembergischen souverän am Cembalo vorbeizog, liegt sicher auch an seiner Jazzkarriere. Ein Jazzer hat keinen Ruf als Klassikinterpret zu verlieren, und er blickt anders auf die Schrift. Nein, Jarrett macht keinen Jazz aus Bach, falls darunter spontanistische Willkür verstanden werden sollte. Er spielt jedes Forte, jedes Piano, jede Verzierung, die der 30-jährige Bach drucken ließ, jede Tempoänderung – aber nie extrem. Er hat keine Kurse bei Bob van Asperen besucht. Das »Sprechende«, die Affekte sind nicht das Bestimmende. Er arbeitet Details nicht extra heraus. Krasse Akzente sind selten. Natürlich unterscheidet man legato und staccato, aber eher so nebenher. Jarrett kann allerdings sehr trennscharf spielen, wenn er will, technisch ist alles da.

Er formt Linien und Klänge weniger, als dass er ihnen nachsinnt, während seine Hände sie freiwerden lassen, er scheint hinter ihnen etwas zu sehen, weniger eine Person als eine Gegend. Es ist eine rare Mischung aus Bewusstheit und Absichtslosigkeit, die man da hört. Um so realer und lebendiger wird alles, um so mehr ist man verblüfft oder sogar entzückt von jähen Verzögerungen, harmonischen Gewagtheiten. Der Fis-Dur-Septnonenakkord ohne Fis, mit einem d als Vorhalt vorm cis am Ende des Moderato der h-Moll-Sonate! So sensationell ist der aus analytischer Nähe besehen nun auch wieder nicht. Aber bei Jarrett steht er da wie eine schöne fremde Blüte.

Und Carl Philipp steht die ganze Zeit im Freien. Nicht als interessante Gestalt irgendwo zwischen Johann Sebastian und Wolfgang Amadeus, nicht an irgendeinem historischen Platz, sondern mit Blick auf eine eigene Welt, so weit, dass sie sich mit unserer berührt und das Licht verändert – zum Helleren, in diesem Fall. Befreiend, wenn man im Allegro der h-Moll-Sonate zwar die kontrapunktische Linienführung von JSB wiedererkennt, aber endlich nicht mehr reflexhaft denkt: Ach ja, der Vater, sondern, wie bei jedem anderen Großen, das Material und den Klang einer Zeit integriert sieht. Zu dem, wie in der e-Moll-Sonate zu hören, auch Domenico Scarlattis legendäre Essercizi beitrugen. Aber das ist jetzt schon wieder viel zu historisch.

Von solchen Koordinaten kann uns Keith Jarrett 86 zeitlose Minuten lang befreien, an einem wunderbar plastisch aufgenommenen Flügel. Es sind Sommertöne, in jeder Hinsicht, aufgenommen im Mai 1994, aber diese beiden CDs halten auch dem Dunkel und der Kälte stand.

Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Er entstand als Nr. 39 der Kolumnenreihe “Rausch & Räson” für das Magazin VAN und ist dort seit 21. Juni 2023 online. Die illustration ist von Merle Krafeld.

 

Schweben mit Bach

Vor 50 Jahren kam Tarkowskis ›Solaris‹ in die Kinos, vor 61 Jahren Pasolinis ›Accattone‹ – beides Filme, an deren Magie und Intensität Werke von J.S. Bach großen Anteil haben und die uns gleichzeitig diese Musik besonders nahebringen.

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Eigentlich kann es diese Frau gar nicht geben. Das hatte ich vergessen, als ich auf die Filmszene stieß, ein Ausschnitt. Sie sitzt, die braunen Haare zum Zopf gebunden, im Kleid auf einem Tisch in einem getäfelten Raum, einer Bibliothek, neben ihr steht ein Mann im Anzug, Mitte vierzig, die Haare etwas zerzaust, und spricht sie an: »Harey!« Sie lächelt. Sie hat ein Gesicht wie ein Engel, er blickt melancholisch, ratlos. Dann beginnen sie zu schweben, in die Luft gelehnt, und Orgelmusik setzt ein. Mit ihnen schwebt ein Kerzenhalter, ein Buch. Man könnte es unfassbar kitschig finden. Es ist aber wunderschön, weil die Musik die beiden umfasst: J.S. Bach, Choralpräludium f-Moll, BWV 639.

Vor 50 Jahren wurde Solaris erstmals in Cannes gezeigt, der dritte Film des russischen Regisseurs Andrei Tarkowski, der später ins französische Exil ging, und immer noch ist es ein Film von magischer Kraft, nicht zuletzt wegen Bach. An Bach allein liegt es aber nicht, denn dann würden alle bis jetzt 1066 Filme unsere Aufmerksamkeit verdienen, in deren Soundtracks Musik des Thüringers (der eben nicht nur »Thomaskantor« war) eingesetzt wird. Und da sind die seit 1941 produzierten rund 30 kurzen und langen Filme über diesen Musiker noch gar nicht mit eingerechnet. Tarkowskys Werk indessen hat es sogar in die Gefilde der Musikwissenschaft geschafft, mit Musik und Imagination – J.S.Bach in Tarkowskijs Solaris.

1977 kam der Film in die bundesdeutschen Kinos; wann ich ihn erstmals sah, weiß ich nicht mehr. Ich hatte jetzt nur noch im Kopf, dass zentraler Schauplatz eine Raumstation im Orbit des Planeten Solaris ist, von Stanisław Lem im gleichnamigen Roman erdacht, aber nicht mehr, dass dort immer wieder Harey in Fleisch und Blut erscheint, die junge Frau des Wissenschaftlers Kris Kelvin, die sich vor seinem Weltraumeinsatz das Leben genommen hat. Man muss das auch gar nicht wissen, um schon von der levitation scene fasziniert zu sein. Auch Pieter Bruegels Jäger im Schnee von 1565 spielen hier eine Rolle. Die Epochen durchdringen einander, die Bedeutungen, und der Einsatz des Bach’schen Präludiums ist ähnlich genial wie die Komposition selbst.

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Wenn mit C-Dur die Dominante von f-Moll erreicht ist, geht es über ein Des in der Oberstimme zu einem Takt, der durch die fließende Bewegung der Mittelstimme zwischen As-Dur und c-Moll schwebt, weiter zu einem Des-Dur über einem C im Bass…man könnte auch sagen, auf Szene und Bilder bezogen, es ist, als breite die Musik ihre Arme weiter aus, um alles zu verbinden. Darum denkt man gar nicht so sehr an SciFi, Gravitation, Plots und Kinotricks, sondern viel weiter. Das Schweben ist auch eine Metapher für die Liebe und das Lieben, zugleich für den Verlust des Bodens unter den Füßen in einer instabilen Welt.

Und die Ratlosigkeit, die Melancholie, die Trostbedürftigkeit des Mannes muss nicht daher rühren, dass die Frau nur eine Erinnerung sein kann. Es ist darin auch ein Wissen um das Zeitvergehen, durch das Liebe und Schönheit nicht relativiert, sondern vertieft werden, so wie bei Bach der Glaube. Sein Präludium, vor 1720 entstanden, gilt dem Choral Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ (es hat schon Ferruccio Busoni zu einer Bearbeitung für Klavier gereizt).

Die Bilder von Solaris zeigen uns das Potential dieser Musik, das über Religion hinausgeht und sich zugleich mit ihren Quellen berührt. Die großen Regisseure bedienen sich nicht bei Bach, sie arbeiten mit ihm zusammen. Im Kino ist seine Musik vielleicht nie so herausgefordert worden wie 1961 in Pier Paolo Pasolinis Accattone, einem Schwarz-Weiß-Film über das Leben im römischen Subproletariat.

Mit fast unerträglicher Nähe und Dichte zeigt Pasolini das Leben am Rand der Gesellschaft, am Rand eines weniger ewigen als dreckigen und brutalen Rom. Die Darsteller sind Laien aus dem Milieu, manchen fehlen Zähne, alle sind von Armut gezeichnet. Pasolini verwendet den Schlusschor der Matthäuspassion, aber mich beeindruckt besonders das Adagio aus dem 1. Brandenburgischen Konzert.

Man hört es (hier bei 7’35), als der Zuhälter Accatone seine einzige Prostituierte aufsucht, die sich von einem Unfall erholt. Schäbiges Zimmer unterm Dach mit Herd und Bett, zwei Frauen, viele Kinder. Die Musik bildet keinen Gegensatz dazu, keine Gegenposition. Sie wird nicht eingesetzt, um Glanz in die Hütte zu bringen. Sie scheint dieses Leben zu kennen, zu sehen, auch die unfassbare Entfernung zu dem, was Glück sein könnte. In Bachs weiten Linien, hinter den Dialog geblendet, wird tiefes Verstehen spürbar. »Absolute Musik«? Losgelöst von allem? Wenn das so wäre, was könnte uns berühren?
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Solaris und Accattone, kein bisschen patiniert, könnten auch Interpreten zum Nachdenken bringen. In der »Alten Musik« wird inzwischen so viel von so vielen »richtig« gemacht, dass sich eine gewisse Unverbindlichkeit eingestellt hat. Man kennt die historischen Bedingungen Bachs, die Affekte, die Klangfarben, die Stimmhöhen, die Chorgrößen, die Anlässe, die Instrumente, die kirchlichen und weltlichen Bezüge. Und was ist mit dem Leben, mit Angst und Sehnsucht und Glück? Dürfen sich damit nur die Zuhörer befassen?

PS: Falls jemand im Ernst mal das ganze Kino auf Bach durchchecken will – ich wüsste ja gern, wie er in Roswell – Ufo-Absturz über New Mexico von 1994 eingesetzt wird.

Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Er entstand als Nr. 38 der Kolumnenreihe “Rausch & Räson” für das Magazin VAN und ist dort seit 15. Juni 2022 online. Die Illustration ist von Merle Krafeld. Im Filmstill aus “Solaris” zu sehen: Hari (Natalja Bondartschuk), Cervantes´ “Don Quixote” (1605/1615) in der 1863 von Gustave Doré illustrierten Ausgabe, ganz rechts “Die Jäger im Schnee” von Pieter Breughel dem Älteren, 1565. Das Filmstill aus “Accatone” zeigt Franco Citti in der Titelrolle, mit namentlich nicht genannten Laiendarstellern.

 

By the people for the people

Ein “Messias” mit Kirchenchor am Rand der Republik: Im Diskurs über den »Musikbetrieb« kommen solche Events nicht vor. Dabei ereignet sich da weit mehr als nur wackere Basisarbeit. Ich habe mitgebratscht.

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Zugegeben, in der achten Stunde Proben, die Pausen an diesem langen Tag nicht mitgerechnet, dachte ich doch: Das ist jetzt für mich ein Messias zuviel. Keine Ahnung, wie viele Messiasse ich schon mitgebratscht habe, bestimmt nicht weniger als Johannespassionen. Auf einmal, es ging so gegen 22 Uhr, kam mir der alte Händel – er war ja schon 56! – unterkomplex, zahnlos und stereotyp vor. Mit Bach, dachte ich, könnte einem das nicht passieren. Was natürlich genauso unfair ist, wie von Bach die unmittelbare, schier erotische Sinnlichkeit so vieler Händelarien zu erwarten. Man ist um die Zeit aber nicht mehr zur Gerechtigkeit aufgelegt. Aber erst wenn man mal an die Kante geraten ist, den Messias doof zu finden, kann man wieder entdecken, warum das doch alles seinen Sinn hat.

Warum es Sinn hat, solche Aufführungen auf die Beine zu stellen, die im Diskurs über den »Musikbetrieb« nie vorkommen: Kultstücke barocker Sakralmusik, von ambitionierten Laienchören gesungen, irgendwo in der »Provinz«, wohin sich dann auch vier Gesangssolisten und zwanzig Instrumentalisten begeben, welch letztere 200 Euro für einen akzeptablen Tagessatz halten. Da mag nun Mitleid im Auge derer flackern, die sich auf teuren Podien in die Brust werfen und von einem Feuilleton zum andern gereicht werden. Vielleicht haben sie längst vergessen, dass überall die Post abgehen kann, dass es einen echten Hunger nach Musik gibt, dass gute Musiker nicht zu schlechten werden, nur weil sie sich jottwedee in einer Kirche treffen.

Wenn in einer so dünn besiedelten Gegend wie der nordfriesischen Küste alle Bänke voll sind, ist die Frage unerheblich, was irgendein Mitwirkender gestern vom Messias gehalten hat. Dann wird jeder Ton gebraucht, und dann erweist sich, was die Partitur und die Musiker taugen. Unser irischer Tenor singt das einleitende Comfort ye so, als wäre man in Dublin bei der Uraufführung, sprechend, erzählend in jeder Nuance. Das hat er auch in der Probe schon getan, aber nun sind wir ja auf Reiseflughöhe, und in dieser Perspektive revidiere ich umgehend mein internes Händel-Bashing und nehme richtig wahr, wer hier so alles mitmacht – und eben nicht nur hier, sondern bei wer weiß wie vielen »Provinzaufführungen« barocker Kultoratorien. Provinz, was soll das sein?

Der Altus kommt aus Arkansas, der Bass aus Südfrankreich, die Sopranistin aus Norddeutschland. Der Fagottist ist auch Maler, der Lautenist ist auch Buchautor, der Cembalist baut selbst Instrumente und komponiert; er lässt mitunter irre Glissandi aufrauschen, die durch keine Verzierungslehre legitimiert sind und genau den kreativen Überschuss haben, der frei wird, wenn die Basis selbstverständlich ist. Wie in der ganzen Continuo-Gruppe, die dem Dubliner eine von Akzenten durchzuckte Combo liefert für seine Wutnummer Thou shalt break them. Nirgendwo kann so etwas so gut hochkochen wie hier, wo man spürt, dass sonst meilenweit nichts los ist. Selbst die Nordsee liegt ganz still und unaufgeregt in ihrer flachen Wanne zwischen hier und Großbritannien.

Der Chor hat sich ein Jahr lang auf diesen Abend gefreut, und das hört man auch, wenn die schätzungsweise 120 Leute zwischen sechzehn und sechsundsiebzig ihr Wonderful singen, während ihr Dirigent strahlt. Das leuchtet. Es ist ja klar, dass ein Laienchor keinen schlackenlosen Referenzklang mit Geschwindigkeitsrekorden liefert, niemand erwartet das. Aber die Musikerweisheit »Je besser die Probenverpflegung, desto schlechter der Chor« kann man wohl auch mal zu den Akten legten. Sie haben sogar Pizza für uns besorgt, vom Italiener gegenüber der großen Backsteinkirche, der vom Messias ebenso profitiert wie der Dönermann und das Café nebenan und der Supermarkt am Stadtrand, welcher sich fünf Fußminuten vom Zentrum entfernt befindet.

All das kommt zusammen bei so einer Aufführung, auch die beiden Welten, die der Choristen, die hier zuhause sind, und die der Musiker, die sich hier mal wieder begegnen, einander aufs Laufende bringen über ihre Familien, Kollegen, Aktivitäten, und Fahrgemeinschaften gebildet haben, um Sprit zu sparen. Eine Idylle wird es nie: Anstrengend, so ein Stück am einen Tag zusammenzubauen und am andern, nach weiterer Probe, drei Stunden lang zu spielen, Pause inklusive. Applaudiert wird lange. Unsere Berliner müssen hinterher Hechtsprünge machen, um ihren Zug zu kriegen, und ich bin nach zweieinhalb Stunden Autobahn um Mitternacht fix und fertig. Und denke trotzdem, es war doch gut, und vielleicht sollte ich mal erzählen, wie das ist, so ein Messias in der »Provinz«, damit nicht immer bloß der Dreispalter im Lokalblatt übrigbleibt.

Allerdings, George Frederick: Deine Alt-Arie He was despised ist und bleibt zu lang, nicht mal unser hingebungsvoller Mann aus Arkansas konnte das ändern. Dieselben zwei kleinen Einfälle nochmal und nochmal! Folter! Aber um die geht es da ja auch, zugegeben. Und der Rest reißt es wirklich raus…

Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Er entstand als Nr. 9 der Kolumnenreihe “Rausch & Räson” für das Magazin VAN und ist dort seit 21. Februar 2018 online. Die illustration ist von Merle Krafeld.