Die Welt ist nicht genug

Nicht, dass Frido seinem kleinen Bruder nichts gönnt! Aber viele Geschenke für den einen und keines für den anderen, das geht gar nicht, wenn der andere erst vier Jahre alt ist. Also lag auch für den Älteren ein Paket bereit, als wir zu Pauls zweitem Geburtstag ein Lied sangen und den Festsaal betraten. Übrigens war Frido seinerseits nicht unvorbereitet. Ein paar Geschenke hatte er sich sicherheitshalber selbst gemacht mit dem Hinweis, er sei jetzt Findus und habe wie dieser Kater drei Mal im Jahr Geburtstag, zufälligerweise auch heute.

Findus bekam also von Frido einige Feuerwehrfahrzeuge aus Lego, kühn und sinnreich entworfen, eines mit drehbarer Leiter, eines mit Düsenantrieb, eines doppelstöckig. Und für Paul hatte er Fahrzeuge aus Baufix zusammengeschraubt und in Zeitungspapier eingewickelt. Unser Buch kam gut an, denn es fehlte noch in seiner Findus-Sammlung. Einfach wurde es trotzdem nicht. Paul verstand das mit dem Geburtstag noch nicht, aber durchaus, dass das fast alles für ihn war, was da wartete. Seit einiger Zeit ist das Wort „meiner“ sein wichtigstes.

Er fand indessen das Auspacken so herrlich, dass ihn die Geschenke selbst gar nicht so interessierten. Er riß kleine Fetzen vom Geschenkpapier und reichte sie mir feierlich zur Verwahrung. War ein Geschenk enthüllt, wandte er sich dem nächsten zu, während Frido die Sachen näher in Augenschein nahm. Ein Traktor aus Holz, ein Buch mit Klappfiguren, ein Anhänger für den Traktor. „Ein schöner Anhänger“, sagte er im Ton des Sachkundigen, „den kann man kippen.“ Dann führte er Paul vor, wie man die Teile aus dem neuen Baukasten zusammenstecken konnte. Aber der fand einen Luftballon viel interessanter.

„Kriegt Paul noch mehr Geschenke?“, erkundigte sich Frido besorgt, denn es wurden ein paar Gäste erwartet. „Kann schon sein“, sagte ich, „aber wenn du Geburtstag hast, dann kriegst DU viele Geschenke und Paul nicht. So ist das nun mal. Und vorher ist sogar noch Weihnachten. Außerdem hast du ja das Findusbuch gekriegt.“ „Und die Feuerwehrfahrzeuge!“, erinnerte er mich. „Genau!“, rief ich, „drei fantastische Fahrzeuge!“ „Aber das REICHT mir nicht!“, brach es aus ihm heraus. Zwischen Einsicht und Empfinden liegen nun mal Welten. Ich weiß das von mir selbst, vergesse es aber immer gern.

Irgendwie ging es dann doch noch ganz gut. Der Kuchen war begehrt und reichte für alle. Was noch so an Geschenken kam, ging im Trubel von sieben Kindern unter. Die drei ältesten, darunter Frido, zogen sich irgendwann zurück und durften nicht gestört werden, schon gar nicht von Paul, dem sie die Tür vor der Nase schlossen. „Fido bött!“, sagte er beleidigt, was „Frido ist blöd“ bedeutet. Aber richtig wütend war er nicht. Abends hielt er seinem Bruder die Geburtstagskrone hin. „Fido bittäh!“ Der probierte sie aus. „Die ist mir zu klein“, sagte er und plazierte sie liebevoll wieder auf Pauls Haupt. So hat der kleine König dann noch unangefochten bis zum Schlafengehen regiert.