Störung im Betriebsablauf

Die Einfahrt verzögert sich um voraussichtlich fünfzehn Minuten. Grund dafür ist eine Störung im Betriebsablauf.“ Man mag es ja schon seit zwanzig Jahren nicht mehr hören, muss man aber. Wir sind Geiseln. Autofahren ist noch teurer und endet im Stau. Da stehen wir also und hören uns Sätze an, die, auf ihre Substanz heruntergekürzt, nichts anderes heißen als: „Der Zug kommt zu spät, weil er zu spät kommt.“ Nullinformationen, die wie heiße Luft den Ballon unserer Wartewut füllen. Ab und zu platzt er, dann fliegen die Fetzen immer den Falschen um die Ohren, den Zugbegleitern.

Mit einer kleinen Änderung der Ansagen wäre schon viel gewonnen. „Die Abfahrt verzögert sich um voraussichtlich 30 Minuten. Grund dafür ist ein Investitionsstau von über 30 Milliarden Euro“. Der Bahnchef hat die Summe selbst genannt, den Rest findet man in einer exzellent recherchierten DB-Geschichte, die am 30. April 2014 in der ZEIT erschien und idealerweise in jedem Zug aushängen sollte. Oder eben in die Ansagen wandern. „Meine Damen und Herren, unser Zug ist zu einem außerplanmäßigen Halt gekommen. Grund dafür ist eine Signalstörung, Entschuldigung, ich korrigiere…“

„…Grund dafür ist die beschränkte Befahrbarkeit einer der 1400 dringend sanierungsbedürftigen Brücken, von denen jede dritte älter als hundert Jahre ist. Länger als hundert Jahre hält eine Brücke im Durchschnitt nicht. Wenn Sie mögen, können Sie auch aussteigen und den Rest zu Fuß laufen.“ Das wäre doch mal ein Signal, besser als die angeblichen „Signalstörungen“, die sich etwas konkreter geben als die „Störungen im Betriebsablauf“, aber nur den Umstand umnebeln, dass es seit dem Börsengang der Bahn um Gewinne geht und Bahnmanager Millionenboni fürs Kaputtsparen der Infrastruktur bekamen.

Eine echte Signalstörung hatten sie, als sie dem Schienennetz mal 1,75 Milliarden Euro entgehen ließen, die der Bund für Repaturen bereitstellte. Das Geld wurde nicht abgerufen und wanderte, nun ja, in den Straßenbau. Trotzdem hat die Bahn auf ihren mit Steuergeldern geschotterten Trassen im vorigen Jahr Gewinne von fast einer Milliarde gemacht, aber die wandern offensichtlich woanders hin. „Die Weiterfahrt verzögert sich um unbestimmte Zeit. Grund dafür ist, dass Deutschland ins Schienennetz sieben Mal so wenig investiert wie die Schweiz, nämlich 51 Euro pro Einwohner. Wir bitten um Ihr Verständnis.“

Wenn zu solchen Ansagen noch ein guter (!) Kaffee gratis serviert würde, ginge es zwar immer noch nicht vorwärts, aber wenigstens in die richtige Richtung.

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