Dieses Manuskript“, vermeldete das Auktionshaus Sotheby´s stolz, „wurde von der Wissenschaft noch nicht erschlossen.“ So etwas treibt den Preis. Für 176.500 Pfund wechselten die dreizehn Blätter vor zwei Jahren den Besitzer – und blieben unsichtbar. Eine prima Geldanlage, so eine Urskizze von Robert Schumann, erst recht, wenn es die zu einem seiner bedeutendsten Werke ist, dem Trio d-Moll für Klavier, Violine und Cello nämlich, das der 37jährige im Sommer 1847 fertigstellte und dann seiner Clara zum Geburtstag schenkte.
Geldanlage? Was hat eine Handschrift, mit der sich der Weg zu einem Gipfel romantischer Kammermusik erschließen lässt, in einem Privattresor verloren? Und wie kriegt man sie von dort in die öffentliche Hand? Nur, wenn einer sich zum Festpreis von der Preziose trennen mag. So geschah das vor sechs Jahren mit Beethovens Manuskript der Diabelli-Variationen, dessen Eigentümer sich entschloss, auf astronomische Auktionsaussichten zu verzichten, und es für eine immer noch siebenstellige Summe ans Bonner Beethoven-Haus verkaufte.
Und so soll es jetzt geschehen mit Schumanns stürmischer Liebeserklärung an die Pianistin Clara, die das Trio mit Freunden uraufführte - in Dresden, wo es entstand. Dorthin könnte die Skizze,
die unschätzbare Aufschlüsse erlaubt, aus den USA zurückkehren. Die Staats- und Universitätsbibliothek wird beim Kauf zwar von Bund, Land und der Kulturstiftung der Länder unterstützt, aber 30.000 Euro fehlen noch. Die werden jetzt im Wortsinn zusammengepuzzelt: Auf slubdd.de ist eine Manuskriptseite als Puzzle zu sehen.
Von den 150 Teilen sind die meisten noch leer – aber jedes Mal, wenn 200 Euro beieinander sind, erscheinen wieder ein paar Töne mehr. Jeder kann handfest das öffentliche Interesse unterstreichen, das dieses Trio zu einem der meistaufgeführten gemacht hat. Und vielleicht sogar, in kleinen Schritten, zu einem Bewusstseinswandel der klügeren Fafners beitragen: In ihren Tresoren setzen solche Schätze wohl Geld an, aber ihren Geist entfalten sie dort nicht. Sonst hätte Robert seiner Clara ja auch einen Scheck ausschreiben können.
Dieser Text erschien am 7. Oktober 2015 in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und ist urheberrechtlich geschützt