Der Duft vom großen, breiten Geld

Endlich hatte ich mal wieder Probephiolen abgegriffen, Herrendüfte. Nicht zum Eindieseln, sowas mache ich nicht, ich benutze diese Elixiere nur für das Firnissen nach dem Weghobeln der Affenreste, vulgo Rasur. Tja, was nehmen wir denn da, Rabanne oder Davidoff? „1 Million“ stand auf dem kleinen Sprayer, die Begleitpappe zeigte ein Gefäß in Form und Farbe eines Goldbarrens. Peinlicher geht´s ja nicht. Sprühen und schnuppern, es war akzeptabel. Wenn auch, wie mir schien, mit einem Hauch Kaugummi in der Kopfnote. Also mehr die nostalgisch amerikanische Art von Reichtum.

„Riech mal“, sagte ich, „One Million von Rabanne. So duftet der Erfolg.“ Sie schnupperte am dargebotenen Kinn und warf mit einem Schrei den Kopf zurück. „Das ist ja entsetzlich! Du müffelst wie die Prolls im Erix!“ „Das muss diese Kaugumminote sein“, sagte ich verlegen. Erix, so heißt die Bahn, die die größeren Käffer von Hannover bis kurz vor Hamburg verbindet. Keine Gegend, in der man der Verfeinerung des Lebens großes Interesse entgegenbringt. Wir können froh sein, wenn da überhaupt mal ein Duft zum Einsatz kommt.

Nun musste ich also damit leben, dass meine Mitbewohnerin diesen Duft ablehnte. Pecunia non olet, heißt es ja, aber eine Million stinkt eben doch. „Du riechst komisch“, fand Paul. „Jaja“, sagte ich, „das wird schon wieder.“ Ich musste mir einfach eine ordentliche Kaffeefahne verschaffen, um das prollige Aroma aus den Werkstätten des Paco Rabanne niederzukämpfen. Während ich Kaffee machte, stellte Pauls Mutter fest, mein Hemd sitze ein bisschen eng. Naja, wenn infolge unmäßiger Schreibtischlerei das Gewichtheben entfällt…

„Das sind meine Seitentanks“, erklärte ich. „Ich brauche sie, um die Schwerkraft zu überwinden. Sobald ich meine neue Umlaufbahn erreicht habe, fallen sie ab und schweben herrenlos durchs All.“ „Dann kommt wahrscheinlich auch die Million herbeiflogen, nach der es hier so duftet“, sagte sie erheitert. Man muss sich schon einiges bieten lassen in den frühen Morgenstunden. „Was für eine Million?“, fragte Frido interessiert. „Kriegst du eine Million Euro? Ist das viel?“ „Ja, sehr viel.“ „Mehr als tausend?“ „Ja. Kriege ich aber nicht.“

Nein, ich muss mich mit Probepackungen begnügen, dem Duft vom großen, breiten Geld. Rabanne wird an mir keinen Cent verdienen, so viel steht fest. Obwohl ich zugeben muss, dass sich drei Stunden nach Anwendung die Kaugumminote von „1 Million“ geschmeidig ins Zitrusaroma integriert. Wenn ich dann noch die Schwerelosigkeit erreiche und die Seitentanks abfallen, ist alles wieder gut.

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