24. März 2017

> Der Mann hat Format; er ist nicht zufällig seit elf Jahren Oberbürgermeister von Gotha, dieser Knut Kreuch. Als ich in seinem wunderschönen Rathaus aus dem 16. Jahrhundert meine Lesung aus „Bachs Welt“ beendet hatte, stellte er sich hin, sein Exemplar des Buches in der Hand, und erklärte den Leuten im vollen Bürgersaal – selbstverständlich ohne Mikro, das braucht er nicht – er müsse ihnen noch was aus Seite 23 vorlesen. Dann wüssten sie, was es heiße, sich mit einem Journalisten einzulassen. Prompt, so Kreuch, habe er sich im Buch beschrieben gefunden: „Er ist nicht groß, aber um so energischer, zum Rückzug neigen bei ihm nur die knappen schwarzen Haare auf dem Kopf…“ Er lachte. Er hat mir bei den Recherchen enorm geholfen, wie auch andere Menschen in Gotha, Wechmar, Ohrdruf, Arnstadt, Eisenach, Erfurt. Viele von ihnen waren unter den Gästen von drei  Lesungen an, mehr oder minder, Originalschauplätzen: im Rathaus von Gotha, unter dessen Dach ab 1600 der Stadtpfeifer Caspar Bach mit Familie lebte, in der Bibliothek des Augustinerklosters zu Erfurt, wo in den Kirchenbüchern nachzulesen ist, wie die Pest die Bachs traf, im Bachhaus Eisenach pünktlich zum 332. Geburtstag von JSB und zur Eröffnung der neuen, kleinen, feinen Dauerausstellung  „Bachs innere Welt“, in der mit 80 Bänden die theologische Bibliothek des Thomaskantors rekonstruiert wird. Wie an neun von zehn Bachgeburtstagen regnete es in Eisenach. “Das ist wohl der Preis für seinen Weltruhm”, meinte ich, und Elmar von Kolson, direkter Nachfahre von JSB, mit Gemahlin im Wohnmobil angereist, hielt diese These für vertretbar. All diese Leute wieder zu treffen ein knappes Jahr, nach dem „Bachs Welt“ erschienen ist, war umso berührender, als ein Autor durchaus nicht fest auf den Zuspruch jener lebenden Zeitgenossen rechnen darf, die er in seinem Buch vorkommen lässt. Sie hinterließen jetzt bei mir den Eindruck, als habe man ein gemeinsames Projekt – was die Musik, um die es geht, ja ohnehin ist. Da „Bachs Welt“, bei aller Gegenwart darin, nicht an den Tag gebunden ist, erscheinen weiterhin Rezensionen: Alexander Dick hat das Buch neulich in der Badischen Zeitung besprochen und Michael Preis aktuell auf literaturkritik.de.