28. Februar 2025

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Das ist Célestine Galli-Marié, die erste Carmen, und mehr noch – die Sängerin, die gegen den Widerstand des Opernchefs durchsetzte, dass Bizets Oper bei ihrer Uraufführung am 3. März 1875 so blutig endete, wie der Komponist und seine Librettisten es vorsahen, und auch die Sängerin, die den Komponisten nötigte, noch während der Proben eine neue Auftrittsarie für sie zu schreiben, eben die berühmt gewordene Habanera, für die Bizet sich genial bei einem spanischen Kollegen bediente. Was das aber für eine Stadt war, in der und für die diese Oper entstand, zuerst durchfiel und dann zum Renner wurde, wie tief verwundet dieses Paris war, in dem das Ende der Commune mit zehntausenden niedergemetzelten Männern, Frauen, Kindern noch keine vier Jahre zurücklag – das ist von “Carmen” nicht zu trennen und doch den wenigsten bewusst. Darum geht es in meinem Stück für ZEIT Geschichte, am vorigen Donnerstag erschienen und online hier zu lesen – vorerst nur mit “Bezahlschranke”.

Das Thema Femizid hat seit dem Bühnenmord an Carmen an Aktualität noch drastisch zugenommen. 85 000 Frauen und Mädchen wurden im Jahr 2023 weltweit getötet, davon 360 in Deutschland. Dazu kommen in diesem Land noch 578 versuchte Tötungsdelikte. “Der Anteil an weiblichen Opfern, die im Zusammenhang mit partnerschaftlichen Beziehungen Opfer von Tötungsdelikten wurden”, meldet das Bundesministerium des Innern, “liegt bei 80,6 Prozent.”

Starke Frauen der Geschichte werden, auch das passt ins Bild, gern zu eisigen Monstern stilisiert wie etwa die römische Kaiserin Agrippina. Mit ihr als Opernfigur setzt sich in Zürich die Mezzosopranistin Anna Bonitatibus auseinander, mit der ich mich während der Proben zu Händels Oper “Agrippina” traf. Ein Gespräch über Machtspiele, Kastraten und die Gemeinsamkeiten der beiden Erneuerer Händel und Rossini, die Lieblingskomponisten dieser Sängerin. Am 2. März hat die Produktion Premiere.