I read the news today, oh boy…

25 Cent und 58,4 Millionen Dollar. Man kann die beiden Beträge nicht vergleichen, die an ein und demselben Tag in der Zeitung zu finden sind. Sie haben auch gar nichts miteinander zu tun. Oder? 25 Cent erhält Namanvu Luganywa, eine 38jährige Frau im Kongo, wenn sie den ganzen Tag lang im Bachbett gekauert, mit einer durchlöcherten Blechschüssel den Schlamm durchsiebt und genug von den Steinchen gefunden hat, Zinnerz, ohne das man kein Smartphone bauen kann, keinen Computer. 25 Cent am Tag. Dafür, so die „Süddeutsche“, kann sich die Frau drei fritierte Hefeteigbällchen kaufen.

58,4 Millionen Dollar. Soviel hat jetzt ein Kunstsammler dem Auktionshaus Christie´s in New York für einen Hund aus Blech bezahlt, den tonnenschweren „Balloon Dog“, von Jeff Koons den Luftballons nachgebildet, die von Straßenhändlern zur Hundeform verknotet werden, vier Ballons für die Beine, einer für den Rumpf und so weiter. Die F.A.Z. schreibt dazu in leise verzweifelter Ironie: „Das Geld muss halt irgendwo hin.“ Immer mehr Menschen haben so viel Geld, dass sie tatsächlich nicht zu wissen scheinen, wohin damit. Privatjets sind nicht teuer genug, und jeder hat schon einen.

Jedenfalls jede dieser Lichtgestalten, die durch Fleiß, Genie, Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen sowie Investionen in nachhaltige Energien und den Kampf gegen den Hunger zweifellos jeden Cent verantwortungsvoll verdient haben, der zu ihrem Milliardenvermögen zählt, sorry, kleiner Witz. Natürlich ist es denen sehr recht, dass es auf ihrer Vermögensetage tatsächlich soziale Gestalten wie Joanne K. Rowling und Bill Gates gibt. Und natürlich weiß trotzdem jeder, dass bei Christies, unter anderem, der gigantische Mehrwert jener Steinchen über den Tisch geht, von dem bei Frau Luganywa nichts landet.

Dieser Mehrwert plus die Summen, die man ihm durch legale und heimliche Zockereien noch zusätzlich entlocken kann, erreichen Dimensionen, in denen sich die Leute sozusagen die Wertgegenstände ausdenken müssen, die sie noch reizen können. Wenn es dabei ein blöder Hund von Koons auf 58,4 Millionen bringt, ist das Geld, kunsthistorisch gesehen, verbrannt. Denn seinen Wert bezieht das Designobjekt zu 99,7 Prozent aus den Projektionen des Marktes, es bleiben 0,1 Prozent lustiger Einfall, 0,1 Prozent Materialwert und 0,1 Prozent Symptomkraft, immerhin sagt der Ballonhund etwas über unsere Zeit.

Er besteht aus Blasen, die nicht platzen können. Dass Koons´ Kunst trotzdem eine solche Blase ist, ändert nichts daran, dass auch grandiose Werke aus der Öffentlichkeit verschwinden, für noch mehr Geld. 142,2 Millionen Dollar wurden für Francis Bacons „Three Studies of Lucian Freud“ bezahlt. Kein Museum könnte das bezahlen – schon weil den Museen jene Steuergelder fehlen, die die Geldvermehrer gar nicht erst entrichten. So checken wir zwischen Frau Luganywa und anonymen Oligarchen ratlos unseren Kontostand und freuen uns, dass die Sonde Cassini wunderschöne Fotos vom Saturn gefunkt hat. Wenigstens da draußen scheint die Menschheit Fortschritte zu machen.

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