16. Mai 2014

> Jetzt auch auf dieser Website zu lesen, Abteilung Podium: „Für den Safe“. In dieser Geschichte für die ZEIT gehe ich der Frage nach, wie es zum Schätzpreis von 45 Millionen Dollar für eine Bratsche von Antonio Stradivari kommen kann. Der sagt letztlich weniger über die – ohnehin nie objektivierbaren – Klangeigenschaften aus als über die globale Verteilung des Geldes. Wenn ein Prozent von 7,2 Milliarden Menschen über fast die Hälfte des weltweiten Vermögens verfügt, wissen 72 Millionen Leute buchstäblich nicht, wohin mit dem Geld. Da müssen rare Angebote her. Ein Jammer, dass man nicht die Museen leerräumen kann, findet der Berliner Ökonom Michael Hutter in der ZEIT vom 16.4.14: „Auf diesem Spezialmarkt tut sich zu wenig. Die meisten Gemälde von Leonardo und Caravaggio befinden sich für immer in Museen. Da gibt es zu wenige Transaktionen.“ Das könnte sich ändern: Besorgte Berliner verlangten im Februar, dass die Gemäldegalerie Caravaggios weltberühmtes Bild „Amor als Sieger“ (1602) von der Wand nimmt – der nackte Knabe könnte Pädophile ins Museum locken! Warum ihn nicht gleich an einen Milliardär verticken, der für seine 65-Millionen-Wohnung in Manhattan noch eine Deko braucht?

Wie es zur Umverteilung in Deutschland kommt, das hat in der Süddeutschen Zeitung vom 12. Mai 14 der 82jährige Bielefelder Soziologe Hans-Ulrich Wehler analysiert in seiner „Kritik der sozialen Ungleichheit in Deutschland“. 30 Dax-Unternehmen, die 1989 ein Vorstandsgehalt von DM 500.000 besaßen, seien 2010 bei sechs Millionen Euro gelandet, dem 200fachen des Einkommens jedes ihrer Arbeitnehmer. „Klaus Zumwinkel, der wegen Steuergehen abgesetzte Post-Chef, hat sich sofort seine 20 Millionen Betriebsrente auszahlen lassen.“ Wer soviel anlegt, hat es gut: „Anfang der Achtzigerjahre lagen Lohnsteuer und Gewinnsteuer noch bei 28 Prozent. Aber seither ist die Lohnsteuer plus Mehrwert- und Mineralölsteuer bei 38 Prozent gelandet. Die Gewinnsteuer ist dagegen auf 15 Prozent abgesunken.“  Die neue Erbschaftssteuer sei neulich „noch einmal abgesenkt“ worden.  Dass es über die daraus entstehende Ungleichheit in Deutschland keine große Debatte gibt, erklärt sich Wehler mit dem „riesigen Sozialvermögen“, das als Puffer herhalte.

Vielleicht liegt es auch daran, dass gutverdienende Redakteure selbst noch nicht recht glauben mögen, was sie da ins Blatt heben: „Wehler lässt das Thema nicht los“, ist im Begleittext zu Wehlers Essay zu lesen, so, als habe der Mann sich eine hartnäckige Infektion zugezogen. Verschärfte  Ansteckungsgefahr bietet der französische Ökonom Thomas A. Piketty mit seinem Buch „Capital in the Twenty-First Century“, das in den USA gerade die Charts stürmt, weil es (wenig überraschend) belegt, dass man mit Geld mehr Geld verdient als mit Arbeit.

Da ist es doch nur logisch, gleich für umsonst zu arbeiten und ein Stündchen für einen Blog wie diesen dranzugeben… Gratis sind einstweilen auch alle Texte auf dieser Site zu lesen und neuerdings sogar ein Inhaltsverzeichnis, im Bau, in dem bereits alle Kolumnen zu finden sind.