11. September 2014

> Lange hat mich ein journalistischer Text zur Literatur nicht so erheitert wie der, den ich heute in der Stuttgarter Zeitung fand. Es geht um die sechs neuen Romane, die es ins Finale zum “Deutschen Buchpreis” geschafft haben. “Angelika Klüssendorf führt die Heldin ihres Romans „April“ aus dem finsteren Keller einer kaputten DDR-Kindheit ins nüchterne Licht deutsch-deutscher Alltäglichkeit. Klingt trostlos, liest sich aber wie eine Offenbarung. Thomas Melle wiederum erzählt in „3000 Euro“ von einer Amour fou am prekären Rand der Gesellschaft, so direkt und pulsierend wie mit dem blutigen Messer aus der Gegenwart geschnitten. Die letzte im Bund ist Gertrud Leutenegger. Ihr bereits im Frühjahr erschienener Roman „Panischer Frühling“ führt nach London und in die Zeit, als vulkanausbruchsbedingt in Europa keine Flugzeuge verkehrten. Im allgemeinen Stillstand wird das Rumoren der Erinnerung deutlich.” Was in all diesen Stereotypen und Stilblüten deutlich bis zur Realsatire rumort, ist der Versuch, den Tonfall einer Literaturkritik zu wahren, wo es sich längst um Marketing handelt. Dass es aber überhaupt DEN Tonfall einer Literaturkritik zu geben scheint, zeugt von einer gewissen Monotonie der Branche wie auch, dass man in allen Feuilletons auf dieselben Titel stößt, so, dass ich zum Beispiel gar kein Interesse mehr habe, in “Kruso” oder “Pfaueninsel” hineinzuschauen, die ebenfalls im Buchpreisfinale sind. Eine dämliche Haltung meinerseits, zugegeben. Denn so öde wie die Einhelligkeit, mit der in jeder Saison eine Handvoll Romane durchgereicht wird, können diese Bücher gar nicht sein.

PS Kleines Jubiläum heute: Vor genau einem Jahr erschien hier mein erster Blogeintrag!