Plopp. Und noch ein Plopp. Sie ploppen immer noch, die Äpfel. In so einem Garten hätte Newton die Gravitationsgesetze ein Jahrzehnt eher erkannt. Vier alte Bäume haben wir im Garten, und sie werfen Äpfel ab, als sollten wir einen Saftladen eröffnen. Genug Saft für den Anfang haben wir jedenfalls schon, dessen Erzeugung uns beinahe einen Achsenbruch beschert hätte. Wir hatten gesammelt und gesammelt, die roten und die rotgrünen und die grünen mit der rauhen Schale, am Ende standen neun Kisten und acht Säcke im Stall.
Die füllten das Auto bis zum Rand. Es war gerade noch Platz für mich und die beiden Jungs, die ich vom Kindergarten abholte, um zur Mosterei zu fahren. Vielleicht hat es den Achsenbruch abgewendet, dass ich uns alle von vornherein darauf gefasst machte. Ich sei nicht sicher, erklärte ich ihnen, ob Emma (so heißt das Auto nach einer berühmten Lokomotive) nicht ein bisschen überladen sei. Gut dreihundert Kilo Äpfel waren es bestimmt, plus meine 80 oder so (mit Klamotten) plus Frido und Paul, die ja auch nicht kleiner geworden sind.
Die Gebrauchsanleitung fürs Auto las ich lieber gar nicht erst, stattdessen schlich ich über die Bundesstraße, ließ mich von LKWs überholen, überließ mich der Entschleunigung und fürchtete jeden Huckel. Eindeutig lag Emma so hart auf der Straße wie noch nie, trotz frisch aufgepumpter Reifen. Wir kamen gut an. Frido und Paul ergriffen die kleinste Kiste und schleppten sie zur Halle, in der die Mosterei lärmte. Ein Mann mit grüner Schürze, das Gesicht rot, rund und gesund wie ein Apfel, lachte: „Ist das alles, was ihr habt?“
Ich zeigte ihm den Rest. Er begriff, dass er es mit Großkunden zu tun hatte, holte einen Palettenbugsierer und lud ihn voll. Dann wurden Sack um Sack und Kiste um Kiste in den Schlund der Mühle gekippt. „Jetzt ist Emma erleichtert“, sagte Frido erleichtert, während sich Paul hinter mir vorm Krach der Maschine versteckte. Wir sahen unten den Matsch und noch darunter dem Saft, der heraustropfte. Der wurde erhitzt und dann in Flaschen und Kanister gefüllt. Hinter uns warteten schon andere Apfelernter, aber niemand war ungeduldig.
Die Sonne schien spätsommerlich auf den Vorplatz, man genoß die Zeit der Metamorphose. Dieselben Äpfel, die zuerst nur beim Rasenmähen im Weg gewesen waren, erwiesen sich nun als Schätze. Nichts Neues unter der Sonne, aber man muss es erlebt haben. Ich hatte mich ja schon selbst daran gewöhnt, dass der Saft aus dem Supermarkt kommt und an Äpfel nur erinnert. Das hier war die Essenz. Als wir sie zuhause probierten, wurden wir zu Pomoholikern, süchtig nach diesem Saft, der das Sommerlicht im Leib verbreitet.
Der erste Fünfliterkanister war nach drei Tagen leer. Blieben noch herrliche 120 Liter. Um nicht vollkommen abhängig zu werden, stieg ich abends auf Wein um. Aber der nächste Termin in der Mosterei ist schon gebucht. Plopp!
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