19. Dezember 2014

> Rauchertipp der Woche: Im Backstagebereich der Berliner Philharmonie gibt es einen verglasten Balkon mit Aschenbecher! Vor Kälte schützt er allerdings nicht, wie mir ein Mann aus dem ebenfalls vorbildlich ausgestatteten Gastrobereich hinterm Podium erzählte. In richtigen Wintern lassen sie dann einfach die Tür nach innen auf, um warme Luft in die Vitrine zu lassen. Und der Rauch? Naja. Auch in diesem Laden ist nicht alles so perfekt wie die Uraufführung von Jörg Widmanns “Trauermarsch für Klavier und Orchester”, wobei “perfekt” das falsche Wort ist. Es berührte, es zog einen zuerst hinein und dann hinüber, wie über eine Brücke, mit der man gar nicht gerechnet hat, die man irgendwann unter den Füßen hat, durchaus bei Bewusstsein übrigens – es ist keine Überwältigungsmusik. Aber diese 25 Minuten haben mehr in sich als nur ein knappes Jahr Entstehungszeit. Ich habe sie einfach so gehört, nicht rezensierend (sonst wäre ich nicht hinter das Podium gegangen), nicht vorbereitet, nichts notierend. Auch mal schön. Und schön, dass der Komponist auch Raucher ist. So standen wir im Glasgehege mit einem grimliähnlichen Kontrabassisten der Philharmoniker, der erzählte, was Richard Strauss über Jean Sibelius gesagt haben soll (dessen – im letzten Satz – grandiose Fünfte hatten sie nämlich auch gespielt): “Er ist der bessere Komponist. Aber ich KANN mehr.” Was an dem Abend etwas kurz kam, unter Simon Rattles Leitung, war Wagners “Tristan”-Vorspiel. Da wurde ich doch innendrin wieder zum Rezensenten und fand: Bläser nicht sehr sauber, einiges nicht zusammen, Kontrapunktik unterbelichtet, keine Spannung, und vor allem: Wo bleibt die Liebe? Also das grauenhaft schöne Reißen des Herzens, das “Die Welt ist nicht genug”? Vielleicht braucht es dafür bei diesem Stück doch den Druck des Theaterkessels und des in drei Akten Bevorstehenden. So aber konnte man mitunter Hector Berlioz (der sich mit Liebe und ihren Schmerzen wirklich auskannte) verstehen, der nach Lesen und Anhören dieses Vorspiels schrieb: “Ich muss gestehen, dass ich nicht die leiseste Ahnung habe, was der Komponist gewollt hat.”