Mungos mögen nicht nur Mangos

Mango, Mingo, Mungo“, sagte Frido und griff sich noch eine gelbe Schnitte. Er und Paul lieben Mangos, Frido besonders, seit er feststellte, dass der Kern einer Mango Ähnlichkeit mit dem Faustkeil der Höhlenmenschen hat. „Mungo?“, sagte ich, „Mungos gibt es wirklich.“ „Kann man die essen?“ „Es sind Tiere. Menschen essen keine Mungos. Die sind froh, wenn Mungos in der Nähe sind. Mungos fressen nämlich Giftschlangen.“ Hätte ich mir das mal verkniffen. Jetzt wollte er alles über Mungos wissen. Ob sie auf vier Beinen laufen. Wie groß sie sind. Und ob sie auch Mangos essen. „Da muss ich mal nachgucken.“ Die Größe schätzte ich erstmal auf etwas über Katze.

Am nächsten Tag erwachte Frido als „Giftschlangenfresser“. „Du meinst, du bist heute ein Mungo?“ „Ja. Ich tue auch ein paar Giftschlangen in meine Tasche.“ Ich erklärte ihm, dass sich Mungos keine Vorräte toter Schlangen anlegen, um sie mit in den Kindergarten zu nehmen. Er müsse die Schlangen im Wald jagen. „Aber Giftschlangen gibt es nicht wirklich, oder?“ „Doch, aber nicht bei uns, jedenfalls keine ganz gefährlichen. In Indien gibt´s die. Da leben auch die Mungos.“ Als er abends nicht baden wollte, fiel mir nur ein doofer Elterntrick ein, Bestechung. „Wenn du gebadet hast, könnten wir mal im Laptop gucken, ob es was über Mungos gibt.“

Er war umgehend im Wasser und rief: „Einen Mungofilm!“ „Mal schauen.“ Dann trafen wir uns auf dem Sofa. Erstmal las ich nach, dass die Tiere 35 Zentimeter lang werden, plus Schwanz, und dass sie außer Schlangen, Skorpionen, Eidechsen und Vögeln auch Obst mögen, „also wahrscheinlich essen sie auch Mangos.“ Man kennt die Menschen schlecht, wenn man glaubt, dass auf Youtube Filme zu finden sind, die Mungos beim Obstverzehr zeigen. Natürlich geht es ums Drama. „Cobra vs. Mongoose“, das wird als erstes angezeigt. Mir wurde schon beim Startbild blümerant.

Die Schlange biegt sich da mit aufgeblähtem Hals und prägnantem Brillenmotiv dem possierlichen Pelztier entgegen. „Also…“ sagte ich, „ich gucke vielleicht mal weiter…“ „Nein! Das da!“ Uff. Play. Der Kampf begann, und ich übersetzte, was der Sprecher erzählte. Dass Kobras scheu sind und gern ihre Ruhe haben. Dass der Mungo sie ärgert, und dass sie ihn beißen will. „Er lässt sich aber nicht beißen. Sonst ist er tot. Er weicht immer wieder aus, weil er sich wahnsinnig schnell bewegen kann. Das kennt die Schlange nicht. Normalerweise schnappt sie zu, und dann ist Schluss. Wenn es länger dauert, wird sie müde. Dann schnappt der Mungo zu.“

Jetzt hoffte ich, dass das auch glückte, sonst würde mein frisch gebadeter Mungo die Nacht nicht in seinem Bett verbringen. Nach zwei Minuten, die mir wie zehn vorkamen, war die Kobra zur Delikatesse geworden. Natürlich ist das nichts für Vierjährige. Aber ich habe viel gelernt. Und Frido erwachte am nächsten Morgen als ausgeglichener Klammeraffe. Der Mango blieb er treu.

Der Text erschien am 11.5.13 in der HAZ und ist urheberrechtlich geschützt