Ihre Jubiläen liegen nur neun Tage auseinander. Und die Wiener Wohnungen, in denen sie zu den Zeiten der Porträts oben lebten, sind auch nicht weit voneinander entfernt. Anton Bruckner, geboren am 4. September 1824, Arnold Schönberg, geboren am 13. September 1874 – mit diesen beiden so großen wie grundverschiedenen Komponisten habe ich mich in jüngster Zeit auf sehr unterschiedliche Weise befasst. Zu Bruckner gibt es eine leicht durchgeknallte Kolumne in VAN, zu Schönberg ein großes Stück im Ressort ZEIT Geschichte, auch bei ZEIT online zu lesen. Einer, der beide verbindet, ist ein weiteres Genie aus Österreich – also dem Vielvölkerstaat der Habsburger Monarchie -, nämlich Gustav Mahler. Von Arnold Schönberg zutiefst verehrt und diesen auch unterstützend, war er als Wiener Student seinerseits Bewunderer von Anton Bruckner.
Gustav Mahler kam Bruckner so nahe wie wenige, nicht nur beim mittäglichen Bier, das der Mittfünfziger dem noch nicht 20 Jahre alten Konservatoriumsstudenten ausgab, der den vierhändigen Klavierauszug der Dritten Sinfonie angefertigt hatte und der Bruckner auch öfters in dessen Wohnung besuchte: Heßgasse 7, 4. Stock, gleich neben dem Ringtheater, das da noch nicht abgebrannt war. Wenn Mahler ging, begleitete ihn Bruckner jedesmal hinunter bis zur Haustür, den Hut in der Hand. Sie kannten einander seit der desaströsen Uraufführung der Dritten im Dezember 1877, als größere Teile des Publikums (und sogar Orchestermusiker) noch während des Konzerts geflohen waren bis auf eine enthusiastische „Fraction“, zu der auch der da erst siebzehn Jahre alte Mahler gehört hatte. In der Heßgasse wohnte Bruckner auch noch, als 1892 das hier im Ausschnitt gezeigte Foto von Ludwig Grillich entstand (wohl in dessen Atelier).
Das Porträt des 31-jährigen Arnold Schönberg (da rauchte er noch!) malte Richard Gerstl im Juni 1906 in der Wiener Liechtensteinstraße 68/70. Schönbergs Frau Mathilde erwartete zu der Zeit ihr zweites Kind, und wie ihr Mann nahm sie Malunterricht bei dem grandios begabten Gerstl. Was weiter geschah, habe ich in Flammen erzählt. Inzwischen arbeite ich am vierten Buch über Musiker und Musik, auch da kommt Schönberg vor – zuerst als 58-jähriger mit Wohnsitz in Berlin.
Bei der Arbeit ergeben sich immer wieder Funde, die für sich allein schon spannend sind – und für solche Funde und Momentaufnahmen aus dem work in progress habe ich jetzt einen Instagram-Account aufgemacht: @hagedornwriting. Sieht fürs erste sehr nerdig aus: historisches SW-Foto und viel Text. Aber ich übe ja noch…