13. September 2017

> Eine Kolumne, zwei Begegnungen, zwei historische Ausflüge, eine Rezension. Letztere gilt der kunstblutigen Neuinszenierung der Oper “Lear” von Aribert Reimann bei den Salzburger Festspielen. Weiter nördlich, im abgelegensten Konzertsaal von Schottland, kam es zur Begegnung mit der jungen Dirigentin Karina Canellakis, die am 26. September die Wiederaufnahme der Züricher “Zauberflöte” leitet. In Berlin unterhielt ich mich mit der Komponistin Rebecca Saunders über ihr Werk “Yes” – basierend auf dem Schlussmonolog des “Ulysses” von James Joyce – und ihren Weg dorthin. Inzwischen ist “Yes” erfolgreich uraufgeführt worden. Wie wichtig das Publikum und die gesellschaftliche Situation für die Jungfernfahrten neuer Werke sind, erkundet ein Essay für 128, das Magazin der Berliner Philharmoniker, an sechs Uraufführungen aus vier Jahrhunderten. Das Gewandhausorchester wird unterdessen 275 Jahre alt und blickt in seinem Magazin zurück: Zum Beispiel auf die Leipziger Erstaufführung von Arthur Honeggers Fünfter Sinfonie im bewegten Jahr 1968. Ein privater Mitschnitt dokumentiert die Interpretation von Václav Neumann, der im selben Jahr, nach dem gewaltsamen Ende des “Prager Frühlings”, seinen Posten als Gewandhauskapellmeister niederlegte. Und die Koumne? Es ist meine erste, die sozusagen eine Uraufführung erlebte, mit zwei weiteren Texten entstanden für das Projekt “Bach / Brandneu!” des Ensembles La Festa Musicale. Dessen Mitglieder haben nicht nur selbst ein wunderbares “Neubrandenburgisches Konzert” arrangiert zusätzlich zu den BBKs 1 und 3 in ihrem Programm. Sie hoben auch dirigentenlos und souverän die “Fünf Einzelgänger” aus der Taufe, die Benjamin Scheurer in ihrem Auftrag komponierte. Neue Musik für Barockinstrumente, deren Intelligenz, szenischer Witz und musikalische Wahrhaftigkeit einen gespannt macht auf das, was Scheuer (wie Saunders ein Schüler von Wolfgang Rihm) schon schrieb und noch schreiben wird. “Kann der sich nicht besser anziehen?”, zischelte in Hannovers Markuskirche eine ältere Dame, als der 30-jährige Komponist in Jeans und Kapuzenpulli seine Musik erklärte. Nee, das passt schon so!