1. Juni 2023

> Eine Sopranistin aus der Karibik in einer Zürcher Tram (oder einem Tram, wie es schweizerisch korrekt heisst), eine Mezzosopranistin von der Pazifikküste bei Starbucks – das sind die settings für neue Porträts von Jeanine de Bique und Siena Licht Miller, die fürs Magazin der Oper Zürich entstanden. Das MAG erreicht demnächst die Nummer 103, in der dann auch die Begegnung mit der Sängerin Sondra Radvanovsky nachzulesen ist – vorweg schon mal der Hinweis auf ihren Youtube-Kanal „Screaming Divas“, im ersten Lockdown gegründet als antidepressives Kollegentreff und mittlerweile ein halbes Who is Who der Opernwelt, erweitert um Freunde wie den Songwriter Rufus Wainwright. [Inzwischen - 11.6.23 - erschienen]. Noch später im Jahr erscheint ein großes Porträt der Komponistin Rebecca Saunders, die ich für das Magazin der Elbphilharmonie traf, nach der Uraufführung ihres packenden Ensemblewerks „Skull“ in der Kölner Philharmonie.

Einen Komponisten wie Anton Bruckner kann man dagegen nur noch in seiner Musik und ihren Begleitumständen treffen, was über ihn aber wohl mehr erzählt, als er selbst in einem Interview in Worte hätte bringen können. „Alles ist zu spät“, schrieb er einem Freund verzweifelt am 13. Februar 1875, einen Tag, ehe er mit einem Adagiothema in jene Fünfte Sinfonie hineinfand, die ihn aus der Depression führte. Diese und seine Sechste sind inzwischen hinzugekommen zur Ersten, Dritten, Siebten, Achten und Neunten, die ich für das Gürzenich-Orchester Köln neu erkundet habe. Die Zweite wird folgen, die Vierte musste, wegen der Arbeit an „Flammen“, für mich entfallen.

In eine viel jüngere Vergangenheit führen die langen Schatten, die die Ideologisierung der musikalischen Avantgarde nach dem Zweiten Weltkrieg wirft. Der Anspruch Adornos, Boulez´, Stockhausens, der Musik von Schönberg aus den Weg zu weisen, hatte weitreichende Folgen. Zeit für den Versuch eines Überblicks mit vielen O-Tönen, nachzulesen und -hören in VAN vom 24. Mai 2023.